Interview: Smart Maintenance Die Instandhaltung der Zukunft – Teil 2

Redakteur: Dr. Jörg Kempf

Marktbedingungen und gesetzliche Rahmenbedingungen haben einen entscheidenden Einfluss auf die Produktion. Ob eine Anlage voll am Limit im Drei-Schicht-Betrieb oder nur im Zwei-Schicht-Betrieb fährt, hat entscheidenden Einfluss auf die Instandhaltungsstrategie. Doch wie identifiziert man die richtige Maintenance-Strategie? Teil 2 unserer Interview-Serie mit Dieter Körner, Geschäftsführer und Partner von T.A.Cook.

Anbieter zum Thema

„Künftig wird die Instandhaltungsstrategie wesentlich dynamischer an die Produktionsbedingungen angepasst.“ Dieter Körner, Geschäftsführer und Partner von T.A.Cook.
„Künftig wird die Instandhaltungsstrategie wesentlich dynamischer an die Produktionsbedingungen angepasst.“ Dieter Körner, Geschäftsführer und Partner von T.A.Cook.
(Bild: T.A. Cook)

PROCESS: Herr Körner, wie findet man die richtige Maintenance-Strategie?

Körner: Idealerweise liegt der Maintenance Costs Indicator in der Petrochemie und der chemischen Industrie zwischen 1,5 und 2,5 Prozent. Je nach Marktsituation ist eine hohe Verfügbarkeit von 95 bis 98 Prozent oder eine niedrigere von vielleicht 90 Prozent erforderlich. Dementsprechend reduzieren oder erhöhen sich auch die Instandhaltungsaufwendungen. Viele Unternehmen arbeiten heute noch tradiert und setzen statische, eher unreifere Modelle ein. Deshalb liegen die Maintenance-Kosten höher als 2,5 Prozent, meist im Bereich von 3 Prozent bis 5 Prozent. Dies ist weit weg von Good Practices. Die Maintenance Strategie ist immer Equipment bezogen. Am schnellsten kommt man zum Erfolg, wenn man Tools und Konzepte verwendet, die das Production Critical Equipment (PCE) adressieren. Hier lassen sich die größten Multiplikatoreffekte realisieren, vor allem, wenn das Unternehmen gleiche Anlagen an mehreren Standorten im Einsatz hat. Wenn man bei den kritischen Anlagenteilen mit intelligenten Instandhaltungsstrategien, wie mit vorbeugender oder vorausschauender Wartung, ungeplante Stillstände signifikant reduziert, dann erhöht dies natürlich die Verfügbarkeit und den Output.

PROCESS: Wie erkennt man kritische Anlagenteile?

Körner: Kritikalitätsanalysen erlauben Bad Actors und das kritische Equipment zu bestimmen. Mit den Tools RCA und FMEA beurteilen wir strukturiert mögliche Fehler nach ihrer Bedeutung für die Produktion, ihrer Wahrscheinlichkeit im Hinblick auf ihre Entdeckung und ihr Auftreten. Mit ihnen lässt sich bestimmen, wie hoch die Ausfälle sind, wie viele Kosten man vermeiden kann und welche Investitionen man technisch oder organisatorisch tätigen muss, um Fehler nachhaltig abzustellen. Oft sind sich Anlagenbetreiber nicht klar, wie viele produktionskritische Komponenten (PCEs) tatsächlich vorhanden sind, und greifen zu hoch. Eine Anzahl von mehr als z.B. 1000 PCE ist nicht operabel. Deshalb bestimmen wir mit Pareto-Analysen, welche 20 bis 25 Prozent der Teile für 80 bis 90 Prozent der Ausfälle verantwortlich sind, und konzentrieren uns in der folgenden Bearbeitung auf diese.

PROCESS: Wie schnell rechnen sich solche Analysen?

Körner: Wir erreichen in wenigen Monaten zwei Effekte: Mit den Kritikalitätsanalysen senken wir die Kosten der Instandhaltung. Instandhaltungsaktivitäten werden punktgenau da durchgeführt, wo sie den höchsten Effekt erzielen. Außerdem werden geplante Wartungsmaßnahmen grundsätzlich immer günstiger ausgeführt als ungeplante. Predictive und präventive Maßnahmen vermeiden ungeplante Stillstände. Es resultieren höhere Anlagenlaufzeiten mit entsprechend höherem Durchsatz. In einer Zeit, in der der Markt jede produzierte Tonne abnimmt, ist das natürlich für ein Unternehmen ein extrem hoher Treiber. Und hier lassen sich Return-on-Investment-Raten von 15 bis 25 zu 1 realisieren.

PROCESS: Ist es manchmal nicht auch preiswerter für die Produktion, ein etwas teureres Equipment zu kaufen, das aber ausfallsicherer ist?

Körner: Sicher, aber solche strategischen Investitionsentscheidungen sind bei Life-Cycle-Cost-Betrachtungen zu treffen. Wir arbeiten immer mit dem Equipment, das wir bei unseren Klienten vorfinden. Verlässt man sich nur auf die Hinweise der Original Equipment Manufacturer (OEM) oder der Hersteller, so kann manchmal die Instandhaltung sehr teuer werden. Ein Aluminiumhersteller hatte beispielsweise fast zwei Drittel seiner Arbeitsaufträge vorbeugenden Wartungsmaßnahmen gewidmet. Dagegen verbrauchte er aber 40 bis 45 Prozent seiner Zeit für die Beseitigung von ungeplanten Stillständen. Eine Kontradiktion und ein Hinweis darauf, das Preventive Maintenance (PM) Programm analytisch zu hinterfragen. Hierbei stellte sich heraus, dass bei einigen kritischen Komponenten die Mean Time Between Failure (MTBF) wesentlich geringer war als der Inspektionszyklus. Eine so definierte PM-Maßnahme macht natürlich wenig Sinn. Aus diesem Grund verschaffen wir uns zuerst einen Überblick über Kosten, Verfügbarkeiten und SAP- PM-Auftragsstrukturen. Inzwischen hat dieser Aluminiumhersteller ein PM-Programm, das wesentlich kostengünstiger und wirksamer ist als sein altes.

Teil 3 des Interviews lesen Sie in Kürze auf process.de. Dann geht es u.a. darum, warum Change Management die Chance für die Digitalisierung ist.

Teil 1 unserer dreiteiligen Interview-Serie lesen Sie hier:

(ID:45987686)