12. PROCESS Pumpen-Forum 2014 Das Arbeitspferd Kreiselpumpe bekommt zunehmend Konkurrenz

Autor / Redakteur: Dipl.-Ing. Hans-Jürgen Bittermann / Dr. Jörg Kempf

Traditionell trifft sich im November die deutsche Pumpen-Community zum Würzburger Pumpen-Forum von PROCESS – heuer bereits zum 12. Mal. Was den Reiz der Veranstaltung ausmacht: Die Referenten berichten nicht wie sonst üblich pro domo über das eigene Produkt, sondern vermitteln vertiefte Praxis-Informationen. Was waren die diesjährigen Highlights?

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Viele Fragen gab es bei den Vorträgen des 12. PROCESS Pumpen-Forums. Angeregt diskutierten die Teilnehmer mit den Referenten und besprachen mögliche Lösungen für ihre Problemstellungen.
Viele Fragen gab es bei den Vorträgen des 12. PROCESS Pumpen-Forums. Angeregt diskutierten die Teilnehmer mit den Referenten und besprachen mögliche Lösungen für ihre Problemstellungen.
(Bild: PROCESS)

Als Generalthema gab Moderator Dr.-Ing. Friedrich-Wilhelm Hennecke in diesem Jahr das schwierige Fördermedium vor – das sind feststoffhaltige Fluide, Mehrphasengemische, hochviskose Suspensionen oder Medien mit besonderen Fließeigenschaften. Wie findet man dafür die richtige Pumpe?

Hier stellen wir alle Referenten des 12. PROCESS Pumpen-Forums vor:

Förderprozess-Foren 2014 – Pumpenforum
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Keine Frage: Die Kreiselpumpe ist und bleibt auch in solchen Fällen in aller Regel das Arbeitspferd der verfahrenstechnischen Industrie – die Angaben schwanken zwischen einem Marktanteil von 75 bis 80 oder gar 90 %. Für die Verdrängerpumpen bleibt nur der schmale Rest. Deren Wertanteil liegt allerdings deutlich höher (um die 80 %) – das erklärt denn auch, warum Kreiselpumpen vielfach bevorzugt werden: Sie sind erheblich günstiger in der Investition.

Professor Helmut Jaberg (TU Graz) fand weitere Gründe, warum Kreiselpumpen dominieren – schon deshalb, weil die Zahl der möglichen Bauformen (Jaberg zählt exakt 20 736) und die Einsatzmöglichkeiten so beeindruckend groß sind. Zudem sind Kreiselpumpen konstruktiv recht einfach aufgebaut, entsprechend einfach zu warten und bei auslegungsgerechtem Betrieb sehr langlebig. Dennoch mahnt er: „Es ist außerordentlich leicht, eine Kreiselpumpe falsch auszulegen oder falsch zu betreiben!“

Konkret warnt Jaberg vor massiven Überdimensionierungen aufgrund von Sicherheitszuschlägen – das führe zu einem schlechten Wirkungsgrad und erhöhe die mechanische Belastung, was zum vorzeitigen Ausfall der Pumpe beitrage. „90 Prozent aller Pumpen laufen weit in Teillast“, so seine Einschätzung. Er empfiehlt nachdrücklich, den Betriebspunkt ins Optimum zu legen – nicht nur wegen der Energieersparnis, sondern hauptsächlich wegen der Standzeit.

Apropos Energie: Jaberg vertritt vehement die (selbstverständlich korrekte) Sichtweise, dass nicht die Pumpe als Energieverschwender anzusehen sei: „Pumpen verbrauchen selbst nur wenig Energie, sie führen vielmehr Energie zu. Verbraucht wird diese im System!“

Wenn andere die Segel streichen, schlägt die Stunde der Spezial-Kreiselpumpen. Weiterblättern!

Dass Kreiselpumpen auch bei höchst anspruchsvollen Medien eine gute Lösung sind, zeigte Hans-Wilhelm Möllmann (Bungartz) anhand eindrucksvoller Beispiele. Eines davon: Beim Fördern eines Gemischs aus Salpetersäure, Phosphorsäure, Calciumnitrat, Hexafluoridokieselsäure und Sand bei 80 °C strichen verschiedene Pumpen regelmäßig nach etwa vier Wochen die Segel. Die Lösung von Bungartz (eine Pumpe mit doppelter Gleitringdichtung mit Wasserdurchflusskühlung, Schleißplatten aus Siliciumcarbid, Laufrad aus Duplex-Edelstahl, niedrige Drehzahl und Drehzahlregelung) erhöht die Standzeit um das Mehrfache. Möllmann: „Der Kunde spart pro Jahr und Pumpenposition rund 170 000 Euro!“

Das Pumpen-Forum: Teil der Förderprozess-Foren 2014. Impressionen im Video ...

Auch die Kombination mehrerer Phasen (fest, flüssig, gasförmig) kann mit einer Spezial-Kreiselpumpe gefördert werden, wie Joachim Thiele (Edur) zeigte. Er unterstrich zudem, dass Betreiber zunehmend Komplettangebote bevorzugen: „Unsere Entwicklungs-Ingenieure agieren immer mehr als eine Art Engineering-Büro mit angegliederter hoch spezialisierter Pumpenfabrik.“

Pumpen-Antriebe: Synchronmotoren im Kommen

Wenn die Bauart der Pumpe feststeht – welcher Antrieb ist dann die beste Wahl? Ralf Kurrich (KSB) führte dazu aus, dass neben den klassischen Drehstrom-Asynchronmotoren nunmehr Synchronmotoren Marktanteile gewinnen. Nach seiner Beobachtung gewinnt die Drehzahlregelung an Bedeutung. Für den störungsfreien Betrieb gelte es, einige technische Aspekte zu beachten (Drehzahlstellbereich, Anfahr-Regime, stromisolierte Lager). Wissen sollte der Betreiber, dass eine um 10 % höhere zulässige Temperatur die Standfestigkeit der Isolationsmaterialien um bis zu 50 % verringert!

Wertschätzung für Verdrängerpumpen wächst

Mit Spannung erwartet wurde der Beitrag von Josef Lehner (Infraserv Gendorf) mit dem erwartungsfroh stimmenden Titel „Was ist dem Betreiber wichtig?“ In einem Satz zusammengefasst: Er will die möglichst immer gleiche Kreiselpumpe für alle vorliegenden Förderaufgaben; diese Universalpumpe will er nach der Installation möglichst vergessen können.

Warum das nicht funktioniert, erfahren Sie auf der nächsten Seite.

Doch das funktioniert natürlich nicht, auch weil der Betreiber bei den Vorgaben oft genug patzt: „Es ist durchaus typisch, dass der Kunde das zu fördernde Medium nicht ausreichend spezifisch beschreiben kann – beispielsweise werden häufig Feststoffe ausgeschlossen, obwohl sie dennoch im Medium vorkommen.“ Moderator Hennecke bemerkte dazu lakonisch-scherzhaft: „Es ist halt die Aufgabe des Herstellers, für ein ungewisses Fördermedium die ideale Pumpe anzubieten!“

Impressionen der Förderprozess-Foren 2014:

Förderprozess-Foren 2014 – Impressionen
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Probleme sieht Lehner häufig dann auf sich zukommen, wenn ein Anlagenbauer zwischengeschaltet ist. Der wolle in der Regel günstig einkaufen, was bedeute: Die Wahl fällt auf eine kleine Pumpe mit hoher Drehzahl, die über die Jahre immense Betriebskosten verursache, bei schlechter Verfügbarkeit. „Viele Anlagenbauer wollen nur die Gewährleistungszeit überdauern, mit Ersatzteilen haben die nichts am Hut!“

Positiv stellt Lehner fest, dass die Betreiber sich immer häufiger von den Vorzügen einer Verdrängerpumpe überzeugen lassen.

Auch Kreiselpumpen pulsieren

Professor Eberhard Schlücker (Uni Erlangen-Nürnberg) kann jede Entscheidung pro Verdrängerpumpe sehr gut verstehen. Weil im Zusammenhang mit Verdrängerpumpen immer wieder deren Pulsation als nachteilig angesprochen wird, verweist Schlücker gern darauf, dass auch Kreiselpumpen pulsieren: „Wenn sich die Pulsation aufschaukelt, kann das durchaus zu unsicheren Zuständen führen!“ Besondere Achtung sei geboten, wenn Kreiselpumpen parallel betrieben werden – nicht korrekt geplant, könne das zu einem merklichen Verlust an Wirkungsgrad führen.

Die Stärken rotierender Verdrängerpumpen lernen Sie auf der nächsten Seite kennen.

Oszillierende Verdrängerpumpen: Miniaturisierung hat Potenzial

Thomas Riel (SPX Flow Technology, vormals Bran+Luebbe) ist naturgemäß ebenfalls ein Verfechter der Verdränger-Technologie. Mit Blick auf die von seinem Unternehmen angebotenen oszillierenden Verdränger stellt er fest: „Oszillierende Pumpen haben mit die höchsten Wirkungsgrade!“

Auf der Abendveranstaltung wurde weiter diskutiert, gut gespeist und nebenbei gezaubert:

Förderprozess-Foren 2014 – Abendveranstaltung
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Entwicklungspotenziale sieht Riel bei der Miniaturisierung der Pumpen und bei Systemen zur Ferndiagnose (beides macht er am Beispiel von weit entfernt arbeitenden Ölbohrstationen fest). Die Miniaturisierung senkt den Flächenbedarf und reduziert das Gewicht – beides zählt für den Planer einer Ölbohrstation zu den entscheidenden Gesichtspunkten.

Rotierende Verdrängerpumpen waren das Thema von Robert Kurz (Netzsch). Insbesondere beleuchtete er aus naheliegenden Gründen die Bauarten Exzenterschnecken-, Drehkolben- und Schraubenspindelpumpen – sie finden sich im Programm seines Unternehmens. Die Auswahl der jeweils richtigen Pumpe erfolge in Abhängigkeit der Förderparameter, wobei die Viskosität, die Scherempfindlichkeit des Produkts, die Temperatur und auch die Anforderungen an die Werkstoffe eine wichtige Rolle spielen. Selbst höchstviskose Medien wie Pasten, sichtfestes Material oder Fördermedien mit großen Feststoffen können bewältigt werden, so Kurz. Da die Fördermenge analog zur Drehzahl variiert werden kann, kommen rotierende Verdränger auch für regelbare Förderaufgaben zum Einsatz.

Leckagen: Wie viel darf es sein?

Die Abdichtungen von Pumpen sind so vielfältig wie die Anwendungen und die Pumpentypen selbst, so Andreas Eiletz (EagleBurgmann). Neben Stopfbuchspackungen, Magnetkupplungen und Spaltrohrmotorpumpen dominieren Gleitringdichtungen den Markt. Durch den gezielten Einsatz von Versorgungssystemen können deren Einsatzmöglichkeiten deutlich erweitert werden. Mit Gleitringdichtungen lassen sich selbst schwierige und feststoffbeladene Medien abdichten, so Eiletz: „Je besser der Betreiber die Medieneigenschaften einschätzt, umso gezielter können wir die Gleitringdichtung für das Medium konzipieren“. Neben der Beständigkeit der Werkstoffe komme vor allem dem Verhalten des Mediums im Dichtspalt eine wichtige Rolle zu.

Welche Trends Dichtungs-Fachmann Eiletz erkennt? Weiterlesen ...

Als Trends erkennt Eiletz Gasdichtungen und Patroneneinheiten; daneben spielen Werkstoffe wie Diamond Faces oder All-Carbon eine zunehmend wichtige Rolle.

Die Referenten des 12. PROCESS Pumpen-Forums:

Förderprozess-Foren 2014 – Pumpenforum
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In der Diskussionsrunde wurde deutlich: Der Betreiber sollte immer kommunizieren, ob und in welchen Mengen Leckagen akzeptiert werden. Eine dynamische Dichtung ist prinzipiell nie leckagefrei. Deshalb sind auch Gleitringdichtungen nicht dicht – im Durchschnitt beträgt die Leckage 1 g je Stunde. Einen Ausweg bieten beispielsweise doppelte Gleitringdichtungen, am besten mit einer Sperreinrichtung. Wer Leckagen absolut vermeiden will, muss auf eine hermetisch dichte Pumpe zugreifen.

Werkstoffe: Von Metallen und Kunststoffen

In den meisten Anwendungen ist die Werkstoffauswahl aufgrund der Harmlosigkeit der Fördermedien oder aufgrund ausreichender Betriebserfahrung unproblematisch. Allerdings existieren Fördermedien, bei denen die Werkstoffauswahl gut überlegt werden muss. Dazu gehören feststoffhaltige Medien, chloridhaltige Lösungen und Suspensionen sowie hochkonzentrierte Säuren. In diesen Fällen können sich bereits geringfügige Abweichungen der Medienzusammensetzung äußerst negativ auf die Standzeiten vorhandener Pumpen und weiterer Anlagenteile auswirken, wie Holger Döbert (Sachverständigenbüro Döbert) aus seinem über Jahre angesammelten Know-how weiß.

Über Kunststoffe in der Pumpentechnik referierte Johann Dausenau (Munsch). Sein Rat: „Bei der Pumpenauslegung darf man nicht nur die Förderbedingungen beachten – auch die Nebenbedingungen wie das Reinigen und oder eine Desinfektion sind relevant für die Zuverlässigkeit und Lebensdauer der Pumpe.“ Ein Trockenlauf der Gleitringdichtung sei bei Kunststoffpumpen wegen der Temperaturgrenzen des Werkstoffs besonders kritisch.

Vermeiden Störungsfrüherkennungssysteme Pumpenschäden? Die Antwort gibt’s auf der nächsten Seite.

Probleme erkennen und vermeiden

Vermeiden Störungsfrüherkennungssysteme Pumpenschäden? Diese Frage beantwortete Heinz M. Nägel (Feluwa) mit einem eindeutigen „Ja“: „Die permanente Zustandsüberwachung bei Pumpen zur Fehler- und Störungsfrüherkennung leistet einen erheblichen Beitrag, die Zuverlässigkeit und Effizienz zu steigern und Instandsetzungskosten zu verringern.“ Während die Schlauchmembran der Doppelschlauchmembran-Prozesspumpe Multisafe nicht länger als typisches Verschleißteil zu betrachten ist, verbleiben lediglich die Förderventile als Verschleißteile. Leckagen an den Förderventilen können mittels maßgeschneiderter Körperschallsensoren zuverlässig detektiert werden, wie Nägel ausführte.

Das Trockenlaufen einer Pumpe kann mit dem richtigen Grenzschalter ausgeschlossen werden, berichteten Peter Dietrich und Markus Schmid (Endress+Hauser). Ob eine Pumpe gegen eine Blockade oder einen versehentlich geschlossenen Schieber fördert ist damit aber nicht erkennbar. In diesem Fall kann die Pumpe Schaden nehmen und durch Überhitzung insbesondere in Ex-Zonen einen Störfall verursachen. Dies lässt sich mit Durchflussmessgeräten frühzeitig erkennen und verhindern.

Hinweis aus einer der Diskussionsrunden: Bei allen Vorzügen eines Frequenzumrichters kann dieser auch Probleme bereiten – dann nämlich, wenn er verschleißbedingte Leistungsabfälle quasi ausreguliert, also neutralisiert. Der Betreiber merkt das häufig gar nicht. Bis der Verschleiß zum Ausfall führt.

Fazit

Auch wenn heute viel über hydraulische Wirkungsgrade und energieeffiziente Antriebe geschrieben und diskutiert wird: Bedeutend wichtiger für den Betreiber ist die Zuverlässigkeit einer Pumpe! Auch unter diesem Aspekt bekommt das Arbeitspferd Kreiselpumpe zunehmend Konkurrenz: Es mehren sich die Hinweise, dass Betreiber immer häufiger dem Charme rotierender oder oszillierender Verdränger erliegen.

Gespannt auf 2015? Hier informieren wir Sie in Kürze über den Termin der Förderprozess-Foren 2015 mit dem 13. PROCESS Pumpen-Forum.

* Der Autor ist freier Mitarbeiter bei PROCESS.

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