Salz aus Sachsen-Anhalt für die Welt: In Staßfurt geht 2021 die nach Betreiberangaben modernste Salztabletten-Produktion Europas in Betrieb. Damit will sich die polnische Ciech-Gruppe zentral im Milliarden-Markt mit dem weißen Gold positionieren. Doch dafür braucht es mehr als nur ein Körnchen Salz...
Das von Ciech in Staßfurt hergestellte Salz ist Ausgangsstoff für eine Vielzahl von Produkten, die in der Verarbeitung von Lebensmitteln, in der Pharmaindustrie, in der Wasseraufbereitung und -enthärtung, als Reinigungsmittel in Spülmaschinen sowie als Industriesalz in verschiedenen industriellen Prozessen eingesetzt werden.
(Bild: Ciech)
Ein leicht salziger, etwas feuchter Geruch liegt in der Luft: Eine kühle Brise kommt durch das große Tor des Nasssalzlagers, einer gewaltigen Konstruktion aus Beton, Holz und Blech. Auf der vom einen Ende der Halle zum anderen reichenden Brücke öffnet sich eine Lücke und Nasssalz rieselt auf einen bereits sieben Meter hohen Salzberg herab. In Staßfurt (Sachsen Anhalt) läuft die Produktion in einer der neusten Siedesalz-Produktionsanlagen Europas an. Schon im Juni 2021 wurden nach Testläufen im Vormonat in der neuen Anlage Nasssalz sowie erste Salztabletten produziert. Ein großer Teil der bis zu 450.000 Tonnen Siedesalz pro Jahr soll zu Tabletten gepresst auf den Markt kommen, erklärt der Anlagenbetreiber Ciech.
Das polnische Unternehmen mit Hauptsitz in Warschau will auf diese Weise zu einem der führenden Produzenten von Siedesalz und Salztabletten in Europa werden. Dafür haben die Polen rund 140 Millionen Euro in Staßfurt in die Hand genommen, um eine moderne und besonders effiziente Produktion zu ermöglichen. Das börsennotierte Chemieunternehmen mit Hauptsitz in Polen hat in Europa allein zwei Produktionsstätten nur für Siedesalz, hinzukommen weitere Werke für Soda, Pflanzenschutzmittel, Glasverpackungen, Silikate und Polyurethane-Schaumstoffe.
„Mit zwei operativen Fabriken werden wir für unsere Kunden jederzeit ein noch zuverlässigerer Partner sein“, betont Andrzej Dawidowski, Leiter des Salzgeschäfts der Unternehmensgruppe und ergänzt: „Außerdem gibt uns das die Möglichkeit auch kurzfristig liefern zu können.“ Dafür sind in Staßfurt neben dem Salzlager und Fördereinrichtung auch vier große Tanks und vier kleinere graue Tanks entstanden: Hier wird die Sole, die Untertage in großen Kavernen aus dem Salzstock gelöst wird, einer einer zweistufigen Reinigung unterzogen. Dieses Verfahren verspricht eine besondere Qualität, erklärt Dawidowski: „Zum einen wird die Sole aus den eigenen Solevorkommen regelmäßig im hauseigenen Labor überprüft. Zum anderen erfolgt die Solereinigung bei uns durch zwei Ausfällreaktionen und basiert auf dem Schweizerhalle Verfahren.“
Dabei werden Begleitstoffe, wie Magnesium, Kalzium oder Sulfate entfernt, so dass die Endprodukte den höchsten Qualitätsanforderungen genügen. Außerdem bleiben dank dieser Hochraffination keine Salzrückstände in den Ionenaustauschern zurück. Dank modernster Salztablettenpressen sowie einer längeren Trocknungszeit, haben die Salztabletten von Ciech zudem die optimale Presshärte und sind resistenter, erklärt der Salzexperte.
Mitten im Milliardenmarkt für Gewerbesalze
Aber nicht nur die Garantie, jederzeit liefern zu können ist bei Ciech besonders: Das Chemieunternehmen legt großen Wert darauf, kundenorientiert zu arbeiten. Vertrieben werden die Salztabletten in 10 kg-, 15 kg-, 20 kg- und 25 kg-Säcken direkt ab Werk und von Großhändlern, auch als Private Label Produkt. „25 kg-Säcke sind vielen Kunden zu groß. Deshalb bieten wir auch 15 kg-Säcke an. So können wir eine Alternative zu den marktüblichen Größen bieten“ sagt Dawidowski. „Das alles gehört zu unserem Kundenkonzept, denn unsere Kunden sind in erster Linie Partner.“
Ciech Soda Deutschland (das ehemalige Sodawerk Staßfurt) ist eine der ältesten Firmen in Sachsen-Anhalt, mit einer Geschichte, die bis 1882 zurück reicht. Hier investiert das polnische Spezialchemieunternehmen insgesamt etwa 140 Millionen Euro, um neben Soda auch Siedesalze zu produzieren. Obwohl zeitweise rund 1000 Menschen auf der Baustelle arbeiteten, mussten die Arbeiten im Frühjahr 2020 in Folge der Coronakrise unterbrochen werden.
Das von Ciech in Staßfurt hergestellte Salz ist Ausgangsstoff für eine Vielzahl von Produkten, die in der Verarbeitung von Lebensmitteln, in der Pharmaindustrie, in der Wasseraufbereitung und -enthärtung, als Reinigungsmittel in Spülmaschinen sowie als Industriesalz in verschiedenen industriellen Prozessen eingesetzt werden.
(Bild: Ciech)
Cum grano salis, also "mit einem Körnchen Salz", heißt es bei Plinius. Etwas mehr darf es aus Sicht der Ciech-Gruppe schon sein – Immerhin erwarten Experten, dass der globale Markt für Gewerbesalze von 13,29 Mrd. Euro bis 2027 auf deutlich über 20 Milliarden steigen wird. Dabei ist besonders der deutsche Markt aus Sicht der Polen interessant, ist die Bundesrepublik mit einem Verbrauch von fast 450.000 Tonnen im Jahr der größte Markt für Salztabletten in Europa. „Daher möchten wir diesen Markt gerne direkt von Deutschland aus bedienen und darüber hinaus“, erklärt Dawidowski. Mit jeweils rund 350.000 Tonnen stehen Frankreich und Großbritannien an zweiter und dritter Stelle im Jahresverbrauch.
Salztabletten werden hauptsächlich zur Pflege und Regeneration von Wasserenthärtern genutzt: Diese enthalten einen mit Harzkörnern gefüllten Filter als Ionenaustauscher, der Kalk- und Magnesiumionen durch Umlagerung bindet. Dabei kann das Harz im Ionenaustauscher nur eine begrenzte Menge an Kalk aufnehmen bis dessen Kapazität erschöpft ist. Wenn das der Fall ist, muss der gebundene Kalk mit iner hochkonzentrierten Salzlösung zurück gelöst werden.
Die Produktion von Salztabletten ist bereits angelaufen und die ersten Lieferungen an Kunden werden bereits getätigt. Die Herstellung und Konfektionierung von Salztabletten wird schließlich den größten Teil des Produktportfolios der neuen Salzsiedeanlage ausmachen.
(Bild: Ciech)
Ciech schafft mit dem neuen Salzwerk, das sich neben dem bereits bestehenden Sodawerk befindet, etwa 140 neue Arbeitsplätze. Damit wächst die Gesamtbelegschaft in Staßfurt auf über 500 Mitarbeiter an. Eigene Solevorkommen, eine eigene Energieversorgung sowie die besonders effiziente und umweltfreundliche MVR Technologie machen die neue Salzanlage zu einer der modernsten und umweltfreundlichsten in Europa – dafür gab es im September 2021 die Zertifizierung nach ISO 9001:2015 Zum Produktportfolio der neuen Salzanlage sollen neben Nasssalz und Salztabletten in Zukunft auch Speisesalz, Industriesalz und Pharmasalz gehören.