Trendbericht Durchflussmessung Coriolis-Masse- und Ultraschalldurchflussmessgeräte liegen beim Einsatz in der Prozessindustrie vorn
Selten war ein Urteil so eindeutig: Die zukünftigen Stars in der Durchflussmesstechnik heißen Coriolis-Masse- und Ultraschallmessung. So lautet jedenfalls das Urteil einer Blitzumfrage bei führenden Herstellern. Die im Markt verfügbaren Messgeräte überzeugen insbesondere durch ihr breites Einsatzgebiet und ihre Genauigkeit.
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Finanzkrise und ihre Folgen auf die Realwirtschaft hin oder her. Top-Technologien müssen sich gerade in wirtschaftlichen Schwächephasen ihre Märkte erobern. Das gilt auch in der Durchflussmesstechnik. Wie eine Blitzumfrage von PROCESS bei wichtigen Anbietern ergab, zählen die Coriolis-Massedurchflussmessgeräte sowie Ultraschall-Volumenmessgeräte zu den innovativsten Durchflusstechnologien mit dem größten Wachstumspotenzial für die Zukunft. „Beide Technologien bieten die besten Möglichkeiten für nutzbringende Produktinnovationen in der Zukunft“, bringt es Christian Rützel, Abteilungsleiter Marketing Durchfluss bei Endress+Hauser, auf den Punkt.
Insbesondere für die Coriolis-Masse-Durchflussmesser sieht Dr. Volker Huck, Geschäftsleiter Instrumentation, ABB Automation Products, einen steigenden Bedarf in der Prozessindustrie und erklärt dies mit den Möglichkeiten der hochgenauen Messung von Masse, Volumen, Dichte, Konzentration und Temperatur unabhängig von Leitfähigkeit, Mehrphasigkeit oder Viskosität einer Flüssigkeit.
Die durch Marktanalysten von ARC zusammengetragenen Zahlen belegen dies: So schätzt man bei ARC, dass der Weltmarkt für Coriolis-Durchflussmessgeräte in den nächsten fünf Jahren um 9,2 Prozent wachsen wird. 2006 umfasste der Markt noch 633 Millionen US-Dollar, bis 2011 soll er, insbesondere aufgrund größerer Akzeptanz seitens der Anwender und eichgenaue Anwendungen in der Gas- und Ölindustrie, auf 985 Millionen US-Dollar steigen, so die letzte Studie von 2007.
Die Vielseitigkeit macht’s
Coriolis-Massemesser sind gerade wegen ihrer Vielseitigkeit beliebt, unabhängig davon ob sie den Massedurchfluss von Flüssigkeiten, Suspensionen, Pasten, Schlämmen und Gasen – bei denen allerdings eine Mindestdichte erforderlich ist – messen. Beim Duisburger Messtechnikspezialisten Krohne rechnet man bei den Coriolis-Massegeräten insbesondere mit einer erhöhten Nachfrage aus den Branchen Chemie und Pharma, bei Ultraschall dagegen aus der Petrochemie sowie der Öl- und Gasindustrie. Die Begründung liefert Günther Pinkowski, Director Marketing bei Krohne: „In diesen Branchen ist der Austausch der wartungsintensiven mechanischen Durchflussmessgeräte sehr wichtig. Sowohl Masse- als auch Ultraschall-Durchflussmessgeräte sind wartungsarm und gewährleisten keinen zusätzlichen Druckverlust.“ Krohne bietet hierbei ein komplettes Produktportfolio vom Standardgerät bis hin zum High-End-Messinstrument an.
Ein weiterer Grund für die steigende Nachfrage nach Coriolis-Geräten liegt in der Robustheit der Geräte, wie Yokogawa-Mitarbeiter Walter Staudt erklärt. „Für das Messrohr stehen Materialien wie Edelstahl, Hastelloy, Titan, Zirkonium zur Verfügung, sodass die Geräte auch bei kritischen Medien eingesetzt werden können.“ Neben dem Coriolis-Prinzip sieht Klaus Brockmann von Emerson Process Management allerdings auch die Ultraschallmessung im deutlichen Aufwind.
Auch hier belegt dies eine ARC-Studie, die – insbesondere getrieben vom starken Wachstum in der Öl- und Gasindustrie der vergangenen Jahre – ein weltweites Wachstum der Ultraschallmesstechnik von 9,9 Prozent in den nächsten fünf Jahren prognostiziert. Im Jahr 2007 umfasste der Markt 367 Million US-Dollar und soll bis 2012 auf über 589 Millionen US-Dollar ansteigen.
Aus der Nische zum Allrounder
Ursprünglich vor allem in Nischenanwendungen zu Hause, hat die Ultraschalltechnik eine beispielslose Wachstumskurve hingelegt. Obwohl das Verfahren seit Jahrzehnten bekannt ist, profitierten die Anwender erst in den vergangenen zehn Jahren von der enormen Anwendungsbreite. Vorteil des Verfahrens ist, dass man von außen berührungslos den Durchfluss von fast allen Flüssigkeiten und Gasen erfassen kann. Besonders interessant wird das Verfahren bei Messaufgaben mit hohen Drücken, hohen (450 °C) oder besonders niedrigen (–163 °C) Temperaturen sowie bei aggressiven Medien.
Technologisch anspruchsvoll ist die eingriffsfreie Durchflussmessung von Gasen im Ultraschall-Clamp-On-Verfahren, die ebenfalls zunimmt. „Dank zahlreicher Verbesserungen auf allen Gebieten der Signalerzeugung, -einbringung und -verarbeitung konnte der für die eingriffsfreie Gasdurchflussmessung erforderliche Mindestdruck immer weiter abgesenkt werden, sodass unsere Ultraschalldurchflussmesser Fluxus G heute u.a. erfolgreich zur Durchflussmessung von Druckluft eingesetzt werden“, nennt Mirko Blümke, Product Manager Flow bei Flexim, ein Beispiel. Gerade Kunden in der Öl- und Gasindustrie, der Chemie, Petrochemie und in Kraftwerken wüssten die Vorzüge dieser Technik zu schätzen.
„So werden heute z.B. in Raffinerien betriebssichere, genaue Messungen von Rückstand an Destillationskolonnen mit unserem WaveInjector realisiert, die zuvor gar nicht oder nur unzureichend gelöst waren“, erklärt Blümke. Durch die Implementierung von Standards wie ASTM 1250, TP25 & D4311 und AGA8 könnten API-Werte, Dichte und Standardvolumenströme für Kohlenwasserstoffe und/oder Gase kontinuierlich unter Berücksichtigung der Prozessgrößen bestimmt werden.
Die Folge: In manchen Bereichen der Förderung, Verteilung oder Einspeicherung von Erdgas sei die eingriffsfreie Durchflussmessung mit Fluxus G inzwischen fest etabliert. „Eine typische Anwendung ist die Durchflussmessung von feuchtem Rohgas vor der Erdgastrocknung und Entschwefelung bei der Erdgasförderung“ erklärt Blümke.
Allerdings hätten diese Anwender besondere Vorstellungen von der in der Prozessführung häufig an sensiblen Stellen eingesetzten Messung. Anwender dieser Kernmärkte fordern seiner Meinung nach zu Recht eine erweiterte Diagnosefunktionalität. „Dazu gehören eine gute Abschätzung der korrekten Installation, der Genauigkeit und der Betriebssicherheit der Geräte durch den Standard-Anwender.“
Basis für sichere Prozesse
Die Durchflussmessung ist jedoch auch unabhängig von der eingesetzten Technologie ein zukunftsträchtiger Markt. Schließlich ist sie – neben der Volumen- und Massenstrommessung für die Abrechnung und Bilanzierung – entscheidend für eine genaue Dosierung von Komponenten. Sie ist damit die Basis für sichere Prozesse und hochwertige Endprodukte. Vor diesem Hintergrund ist sich Dr. Karlheinz Schmidt, Leiter Process Instrumentation bei der Siemens-Division Industry Automation, sicher, dass alle elektronischen Durchflussmesstechnologien wachsen werden, wobei sowohl die Systemautomatisierung als auch eine höhere Wirtschaftlichkeit im Fokus stehen. Elektronische Durchflussmessgeräte haben nach Einschätzung von Schmidt einen geringen Wartungsbedarf und bieten kontinuierlich eine hohe Messgenauigkeit, was vor allem für die Verfahrenskontrolle und Überwachung äußerst wichtig ist. Seiner Meinung nach sollen die zukünftigen Durchflussmessgeräte auf einem noch umfangreicheren Plattformkonzept basieren, welches z.B. Dokumentation, Verkabelung, Programmierung etc. derart vereinheitlicht, dass die Kunden eine umfangreiche Produktpalette von nur einem Anbieter erhalten können.
Kommunikation für die Zukunft entscheidend
Ohne Zweifel ist das Stichwort Kommunikation für die Zukunft entscheidend, vor allem im Hinblick auf die Geräteintegration. „Zurzeit haben wir eine Vielzahl von Signalübertragungs-Möglichkeiten wie analog 4-20 mA ( Hart), Profibus PA, Fieldbus FF, Wireless usw.“, erklärt Staudt. Der Yokogawa-Mitarbeiter sieht eine große Herausforderung auf die Hersteller zukommen, um auf einen gemeinsamen Nenner zu gelangen. Ein weiterer Punkt ist die Genauigkeit. „Die Anwender erwarten ein Messspannenverhältnis von größer 100:1, um mit einer einzigen Geräteausführung einen möglichst großen Messbereich abzudecken“, ist Matthias Klüh, Honeywell Vertriebsleiter für DACH, überzeugt.
Durchflussmesser sparen Energie
Auch bei den Anwendungen selbst gibt es noch Aufgaben, die in Zukunft für die Durchflussmessung prädestiniert sind. Für Dr. Huck von ABB liegt der Fokus auf Messaufgaben, die zu einer Steigerung der Energieeffizienz und somit zu einer Forcierung des Klimaschutzes bei gleichzeitiger Energieeinsparung in den Prozessen führt.
Ähnlich äußert man sich auch bei Krohne und prognostiziert, dass in der Chemie die Messung von Energie- und Stoffströmen zunehmen. Ziel ist es, die Energieverbräuche (z.B. Heißwasser, Dampf oder Betriebsluft) einer Anlage genau bilanzieren und zuordnen zu können. Damit können Ausbeute- und Qualitätssteigerungen erreicht und eine Aussage über die Energieeffizienz getroffen werden. Letztlich kann damit der Kohlendioxid-Ausstoß gesenkt und die Klimabilanz eines Unternehmens verbessert werden.
Multitalente im Einsatz
Multiparametergeräte, wie bei den Durchflussmessgeräten Vortex und Coriolis, besitzen ein hohes Potenzial, da sich die Kosten für die Instrumente auf ein Minimum reduzieren und kritische Situationen vermeiden lassen. „So sorgt die Messung der Dichte durch die Messgeräte dafür, dass gefährliche Situationen vermieden werden, wie sie etwa bei der Entgasung entstehen oder falls nichts durch das Rohr fließt“, nennt Dr. Schmidt von Siemens ein Beispiel. Einen entscheidenden Beitrag lieferten Multiparametersysteme auch, wenn es darum ginge, die Prozessqualität zu überwachen, ergänzt Endress+Hauser-Experte Rützel.
ABB-Manager Huck ist überzeugt: „Bedingt durch die universellen Einsatzmöglichkeiten und das enorme Einsparpotenzial im Vergleich zu herkömmlicher Messtechnik haben die bewährten multivariablen Messumformer ein hohes Marktpotenzial mit steigender Tendenz.“ So messen die Geräte Differenzdruck, Prozessdruck und Prozesstemperatur und werden eingesetzt, wenn Durchflussmessungen nach dem Wirkdruckverfahren durchgeführt werden, bei denen eine druck- und temperaturabhängige Zustandskorrektur nötig ist. Diese übernimmt der multivariable Messumformer ebenfalls.
Einsatz im Spezialfall
Interessante Aufgaben warten schließlich auch in Sonderanwendungen. So werden nach Aussage von Krohne-Mitarbeiter Pinkowski die Zweiphasenmessungen Gas/Flüssigkeitsgemische, an Bedeutung gewinnen. „Bereits jetzt können wir mit unseren Optimass Masse-Durchflussmessgeräten diesen Zustand indizieren. Beispielsweise kann ein Grenzwert für einen bestimmten Gasanteil gesetzt werden, der bei Überschreitung eine Meldung ausgibt und dem Anlagenbetreiber ein schnelles und gezieltes Eingreifen ermöglicht“, nennt Pinkowski ein Beispiel. Aber auch im Bereich der Hochtemperaturanwendungen werden Energieversorger seiner Meinung nach vermehrt nach Messgeräten für extrem hohe Temperaturen jenseits der 500 °C-Marke nachfragen.
Problematische Anwendungen bei der Messung von Flüssigkeiten mit Gasanteilen hat man auch bei Emerson im Fokus. „Hier bieten wir mit unserer Elite-Baureihe eine echte Lösung an, aber auch die integrierte Systemverifizierung findet großes Interesse“, erklärt Brockmann. Bei Emerson hat man im vergangenen Jahr die Produktpalette für Anwendungen im Hochtemperaturbereich und im Hygieneumfeld deutlich erweitert. Zudem gewinnen Verrechnungsmessungen, etwa nach der neuen Europäischen Direktive MID (Measuring Instruments Directive, Europäische Messgeräterichtlinie), an Bedeutung.
Umsetzung der NE 131
Doch bei aller Innovation fordern Anwender ein Höchtsmaß an Standardisierung, wie sie in der kurz vor der Veröffentlichung stehenden Namur-Empfehlung NE 131 (siehe Kasten) beschrieben wird. Auch für Durchflussmessgeräte gibt es demzufolge Empfehlungen. Viele Hersteller unterstützen diese Idee. „Der Gedanke der Namur-Empfehlung NE131 ist nachvollziehbar und zu begrüßen“, erklärt beispielsweise Walter Staudt von Yokogawa, gibt aber zu, dass „die Umsetzung, etwa der Wunsch nach einheitlichen Einbaulängen und Klemmenbelegungen, noch einige Zeit dauern wird.“
Krohne hat an der Empfehlung für Durchfluss- und Füllstandmessgeräte mitgearbeitet. „Die daraus resultierenden Anforderungen haben wir frühzeitig aufgenommen und in unsere Entwicklungen einfließen lassen“, macht Pinkowski deutlich und präsentiert bereits ein Messgerät, das den Anforderungen entspricht. „Das erste Ergebnis ist der IFC 100 Messumformer für magnetisch-induktive Messgeräte, ein Standardgerät für die Prozessindustrie mit einem ausgezeichneten Preis-/Leistungsverhältnis.“
Bei ABB entspricht der magnetisch-induktive Durchflussmesser ProcessMaster aus der FlowMaster-Produktfamilie bereits heute zum größten Teil den Empfehlungen der NE 131, wie Dr. Huck erklärt.
Auch an der NE 132, die sich auf die Coriolis-Durchflussmesstechnik bezieht, wird seitens der Hersteller mitgearbeitet, zum Beispiel von Endress+Hauser. „Für uns stand die Erfüllung der Namur-Anforderungen schon immer ganz oben auf der Prioritätenliste“, betont Christian Rützel. „Mit unserem Promass-Coriolismassedurchflussmessgerät der Proline-Gerätefamilie decken wir bereits heute alle relevanten Anforderungen der Namur ab. Und wir werden natürlich auch in Zukunft neue Anforderungen, die sich seitens der Anwender ergeben, in unseren Entwicklungsaktivitäten berücksichtigen und zeitnah am Markt umsetzen“, verspricht der E+H-Mitarbeiter.
Fazit
Durchflussmessgeräte sind gefragt, insbesondere die wartungsarmen Messverfahren nach dem Coriolis- und Ultraschallprinzip. Dabei schätzen Anwender die Geräte sowohl als Standardgerät, aber auch in Spezialfällen, wie im Hochtemperaturbereich, kommen die Geräte zunehmend zum Einsatz, sorgen sie doch für einen sicheren Prozess.
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