Neues Anlagenkonzept Biogasproduktion soll schneller und flexibler werden
Bereits heute können Biogasanlagen sowohl Biomasse als auch Biogas für eine begrenzte Zeit zwischenspeichern. Kommen jedoch schnell an Kapazitätsgrenzen. Forscher wollen nun ein Anlagenkonzept entwickeln, das eine gezielte und bedarfsorientierte Verstromung von Biogas ermöglicht. Die Inbetriebnahme der Pilotanlage ist für Herbst 2016 vorgesehen
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Kassel – Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Windenergie und Energiesystemtechnik in Kassel (IWES) und der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst (HAWK) in Göttingen erproben derzeit ein Anlagenkonzept im Demonstrationsmaßstab, das die für die Biogasproduktion zuständigen Prozessschritte intelligent entkoppelt. In herkömmlichen Biogasanlagen finden diese Prozessschritte alle in einem oder maximal zwei Fermentern statt. Dadurch ist es nicht möglich, optimale Bedingungen für alle am Prozess beteiligten Mikroorganismen zu schaffen. Das organische Material muss zudem für mehr als 100 Tage in den Fermentern verbleiben. „Hierdurch arbeiten zum einen die verschiedenen für die Biogasbildung nötigen Mikroorganismen unter nicht optimalen Bedingungen. Zum anderen dauert der Prozess sehr lange. Dies macht es deutlich schwieriger, flexibel und bedarfsorientiert Biogas zu produzieren“, erläutert Dr. Henning Hahn, Projektleiter des Forschungsvorhabens „ReBi 2.0“ (Regelung der Gasproduktion von Biogasanlagen für eine am Bedarf orientierte, gesteuerte Biogasverstromung).
In dem neuen System wird die Biogasproduktion nun auf drei Fermenter verteilt. Im ersten wird die zugeführte Organik durch Hydrolyse für die an den nachfolgenden Prozessschritten beteiligten Mikroorganismen leichter zugänglich gemacht, verbleibt dort aber nur wenige Tage. Danach erfolgt eine Trennung in festes und flüssiges Material. Das feste Material kommt in einen konventionellen Fermenter und wird dort kontinuierlich zu Biogas vergoren. Das flüssige Material wird in einem Pufferspeicher zwischengespeichert, bis es zur gezielten Gasproduktion einem Hochleistungs-Fermenter zugeführt wird. Dort kann es innerhalb von Stunden zu Biogas umgesetzt werden. Dabei können rund zwei Drittel durch die flexible Vergärung der Flüssigphase bereit gestellt werden. Das neue Anlagenkonzept bietet zudem den Vorteil, dass nun auch schwerer abbaubare Substrate wie ligninhaltiges Stroh und - aufgrund der kurzen Verweilzeiten im ersten Prozessschritt - auch schnell wechselnde Substrattypen verarbeitet werden können. Dies bietet die Möglichkeit, das Substratspektrum für die Biogasproduktion zu erhöhen.
Demonstrationsanlage im Aufbau
Das Verfahren wurde im Fachgebiet Nachhaltige Energie- und Umwelttechnik an der HAWK in Göttingen unter der Leitung von Prof. Dr.-Ing. Achim Loewen erprobt: „In unserem Technikum haben wir mit dem neuen ReBi-System bereits vielversprechende Ergebnisse erzielt. Ab Dezember 2015 wollen wir nun zusammen mit Fraunhofer in den großtechnischen Maßstab gehen und eine Demonstrationsanlage am Hessischen Biogasforschungszentrum (HBFZ) in Bad Hersfeld aufbauen.“ Hierbei begleiten die Ingenieure der Flexbio Technologie, die sich auf die Vergärung von Prozessabwässern in Hochleistungsfermentern spezialisiert haben, den Aufbau der Pilotanlage. Ihre Inbetriebnahme ist für Herbst 2016 vorgesehen. „Mit einem Konzept wie diesem werden wir die zweite Generation von Biogasanlagen auf den Weg bringen“, sind sich die Projektpartner sicher.
Das HBFZ, welches gemeinsam vom IWES und dem Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH) betrieben wird, bietet mit seiner in den landwirtschaftlichen Betrieb eingebundenen Forschungsbiogasanlage und seiner Nähe zu den Biogaslaboren des Landesbetriebs hessischer Landeslabore (LHL) ideale Voraussetzungen für den Feldtest. Erste Ergebnisse erwarten die Wissenschaftler für den Winter 2016.
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