Biogasanlage im Praxismaß Biogasanlage zur Erforschung effizienter Biomasseproduktion

Redakteur: Marion Wiesmann

Bis zu 50 Prozent mehr Energie pro Hektar Anbaufläche halten die Biogas-Experten der Universität Hohenheim für möglich. Den Weg dorthin soll ihnen eine neue Biogasanlage weisen.

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Einingen – Am 19. Juli ging in Eningen eine neue Forschungsbiogasanlage der Universität Hohenheim ans Netz, die neue Maßstäbe für die Biogas-Forschung setzt: Laut Betreiber werden in zwei Fermentern und einer Nachgäranlage mit einem Volumen von je 923 m3 täglich 7 300 kg Flüssigmist, 3 500 kg Festmist und 5 600 kg nachwachsende Rohstoffe wie Silomais, Hirse, Grünroggen und Gras vergärt. Das entstehende Methangas betreibt ein Blockheizkraftwerk mit einer elektrischen Leistung von 190 kW und einer thermischen Leistung von 220 kW. „Da bei Biogas, anders als bei anderen Systemen, zur Bioenergieerzeugung die gesamte Pflanze und nicht nur die Saat genutzt wird, ist das Verfahren besonders nachhaltig und liefert heute schon bis zu 70 000 kWh Energie pro ha Anbaufläche“, erklärt Dr. Oechsner. „Die neuen Forschungsansätze sollen eine weitere Effizienzsteigerung bewirken und zur Entspannung der Flächenkonkurrenz beitragen.“ Im Mittelpunkt steht eine optimale energetische und ressourcenschonende Biomasseproduktion, Biogaserzeugung und -nutzung. Neue Verfahren sollen so bis zu 50 Prozent mehr aus dem Biogasprozess herausholen. Zukunfts-Chancen erhoffen sich die Wissenschaftler durch:

  • das Intensivmessprogramm: Online-Messtechnik und neue Computer-Modelle erlauben erstmals, einzelne Prozesse in der Anlage genau zu studieren, zu optimieren und künftige Anlagen besser zu steuern.
  • neue Pflanzen: Experimente mit unterschiedlichen Energiepflanzen haben das Ziel, besonders ergiebige Sorten zu züchten und ideale Anbaubedingungen zu ermitteln.
  • Verbesserung der Gasproduktion: Testreihen ermitteln ideale Mischverhältnisse von Gülle und nachwachsenden Rohstoffen. Gleichzeitig im Test sind verschiedene Enzyme, Mikroorganismen und andere biologische Zusatzstoffe sowie Spezialtechniken, die den Gärungsprozess erleichtern.
  • Verbesserung der Gasverwertung: Im Kraftwerk sollen neue Motorentwicklungen die Stromausbeute steigern, neue Verfahren zur Gasreinigung sollen das Biogas fit für Erdgas-Ersatz und als Kraftstoff machen.
  • Reststoffverwertung: Reststoffe der Anlage sollen als Dünger oder als neuer Brennstoff optimal verwertet werden.
  • Evaluierung und Öko-Bilanz: Die Forscher bewerten die Anlage aus ökonomischer und ökologischer Sicht und ziehen einen Vergleich zu anderen Produktionswegen von Bioenergie.

2,5 Millionen Euro Baukosten

Die Biogasanlage der Universität Hohenheim ist das Herzstück der Forschungsplattform Bioenergie des Landes Baden-Württemberg. Neben der Universität Hohenheim sind an der Forschungsplattform die Universität Stuttgart, das Forschungszentrum Karlsruhe, die Hochschulen Rottenburg und Reutlingen sowie das Zentrum für Sonnenenergie und Wasserstoff-Forschung beteiligt. An reinen Baukosten für die Biogasanlage fielen rund 2,5 Millionen Euro an. Mit 1,5 Millionen Euro der Gesamtsumme brachte die Universität Hohenheim den Großteil davon aus eigenen Mitteln und eingeworbenen Sponsorengeldern auf.

„Bioenergie bildet an der Universität Hohenheim einen Schwerpunkt mit langer Tradition“, begründet Rektor Prof. Dr. Liebig das besondere Engagement. 2004 weihte die Universität ein Biogas-Labor ein; 2008 wurde ein Studiengang „Bioenergie und Nachwachsende Rohstoffe“ eingerichtet.

Konkurrenz zwischen Energiepflanzen- und Nahrungsmittelproduktion

Parallel bilde die Forschung zur globalen Ernährungssicherung einen mindestens gleichwertigen Schwerpunkt, betont Prof. Liebig. Am Kompetenzzentrum für Pflanzenzüchtung engagieren sich über 70 Wissenschaftler zusammen mit asiatischen Kollegen in einem Sonderforschungsbereich, der angepasste, nachhaltige Landwirtschaft zusammen mit der Lokalbevölkerung als Lösung ethnischer, sozialer und ökologischer Probleme etabliert. Auf europäischen Böden spiele die Konkurrenz zwischen Energiepflanzen- und Nahrungsmittelproduktion bisher nur regional eine gewisse Rolle, erläutert Prof. Dr. Jungbluth. So würden bundesweit derzeit 14 Prozent der Ackerfläche für den Anbau von Energiepflanzen genutzt und davon lediglich drei Prozent für Biogas. „Fakt bleibt, dass die Forschungsanstrengungen in beiden Bereichen - Bioenergie und Ernährungssicherung – weltweit intensiviert werden müssen, um der Menschheit einen Weg aus der aktuellen Krise zu weisen“, summiert Prof. Liebig.

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