Grüner Wasserstoff Auch wenn die Zahl der PEM-Elektroyseure steigt: Ist die Technologie wirklich ausgereift?

Von Anke Geipel-Kern |

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Grüner Wasserstoff soll die Energiewende retten. Die Gasehersteller überbieten sich gerade mit Investitionsankündigungen. Auch Linde könnte mehr grünen Wasserstoff verkaufen und gibt viel Geld für neue Elektrolyseure aus. Mit welchen Problemen die Hersteller kämpfen und warum der Markthochlauf so schwierig.

Wasserstoff-Produktion in Leuna
Wasserstoff-Produktion in Leuna
(Bild: Linde Group)

Grüner Wasserstoff soll die Welt retten und die Wasserstoffwirtschaft ist deshalb ein wichtiger Baustein der Energiewende. Doch der Markthochlauf für klimaneutral erzeugten Wasserstoff ist noch mit einigen Hindernissen gespickt und davon sind die Investitionskosten in die Elektrolyseure sowie die hohen Strompreise nur einige von vielen. Auch Langzeiterfahrungen mit den PEM-Elektrolyseure fehlen bisher.

Momentan ist der Anteil an Elektroysewasserstoff der sprichwörtliche Tropfen auf den heißen Stein. Das zeigen Zahlen der Internationalen Energieagentur IES: 2021 listete die Projektdatenbank eine installierte Leistung von 0,363 GW.

Es wird einfach nicht genug produziert

Die Folge: Die momentan auf dem Markt verfügbare Menge des begehrten Gases reicht vorne und hinten nicht aus. Auch wenn die Leistung der geplanten und in Bau befindlichen PEM-Elektrolyseure ständig größer wird und mittlerweile sogar Anlagen im Gigawatt-Bereich im Gespräch sind.

Linde habe viele Nachfragen nach grünem Wasserstoff, sagte Dr. Günter Westner bei Linde für die Energiebeschaffung zuständig, vor kurzem auf einem Kopernikus-Pressevormittag. „Wir können die Anfragen momentan nicht bedienen.“

Wie der Löwenanteil des weltweit hergestellten Wasserstoffs stammt auch der von Linde aus der Dampfreformierung von Erdgas. Auch Biomethan könne als Rohstoff eingesetzt werden, sagt Linde-Mann Westner. Doch grün und damit klimaneutral wird der Wasserstoff erst durch die Wasserelektrolyse mit Strom aus Windenergie oder Photovoltaik. Hier ist neben der Chlor-Alkali-Elektrolyse, die PEM (Proton Exchange Membrane)-Elektrolyse die am häufigsten eingesetzte Technologie.

Platzhirsch auf dem Markt für grünen Wasserstoff

Linde selbst investiert seit vielen Jahren in die PEM-Elektrolyse und ist seit 2020 in einem Joint Venture bei ITM Power im Boot. In Sheffield steht eine Fabrik in der ITM Elektrolyseanlagen mit einer Jahresleistung von einem Gigawatt fertigen. Wie z.B. für die 24 Megawatt-PEM-Elektrolyse in Leuna. Die Anlage absolviert gerade die Probeläufe, die der Inbetriebnahme vorausgehen. Übrigens solange die größte PEM-Anlage der Welt bis der im September angekündigte 35-Megawatt-PEM-Elektrolyseur 2025 ans Netz geht. Der Gasekonzern will damit die Produktionskapazität für grünen Flüssigwasserstoff in den Vereinigten Staaten mehr als verdoppeln.

Linde ist auch der einzige Betreiber der über einen längeren Zeittraum Erfahrung mit der PEM-Elektrolyse hat. Genauer gesagt seit 2015. Die Anlage im Energiepark Mainz war damals, laut Konzernangaben, mit einer Maximalleistung von sechs Megawatt der weltgrößte PEM-Elektrolyseur. Pressemeldungen zufolge läuft die Anlage seit Mitte 2017 im Probebetrieb und seit 2018 im Regelbetrieb. In der Halle stehen drei Siemens-Elektrolyseure vom Typ Silyzer 200, die laut Siemens 3,75 Megawatt Leistung liefern.

Doch momentan, vier Jahre später, kämpft Linde mit der Technik der PEM-Elektrolyseure, berichtet Westner. Und offenbar weiß keiner so recht, wo der Hase im Pfeffer liegt. Auch die Stadtwerke Mainz halten sich bedeckt und sprechen wage von „technischen Problemen“. Man wisse nicht, wann der Energiepark wieder den Regelbetrieb aufnehmen könne, erklärt Pressesprecher Michael Theurer auf Anfrage.

Schwachstelle Membran: Was tun gegen die Alterung

Die PEM-Elektrolyse sei eine noch sehr neue Technologie und Erfahrungen mit längeren Laufzeiten fehlten bisher, sagt Westner. Die technischen Vorteile der PEM-Zellen, nämlich höhere Stromdichten und hohe Flexibilität bei Lastschwankungen, sind erkauft mit einem sauren Milieu, das entsprechend robuste Materialien erfordert. Für die Katalysatoren benötigt man deshalb Edelmetalle wie Platin und Iridium, für die Zellen Titan oder sogar platiniertes Titan.

Experten des Helmholtz-Institut Erlangen-Nürnberg für Erneuerbare Energien am Forschungszentrum Jülich halten vor allem die Membran für eine kritische Komponente. Sie altere schnell und verringere dadurch die Effizienz der Wasserstofferzeugung, sagen die Wissenschaftler. Woran das liegt und welche Faktoren den Prozess beeinflussen – darüber wissen Entwickler und Betreiber wenig. Dass hier noch echte Grundlagenforschung nötig ist, hat auch das BMBF erkannt und 2021 das Forschungsprojekt Powermem angestoßen.

Auch im Elylab am Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) und das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) wird ein Testzentrum für die Wasserelektrolyse eingerichtet, das Test- und Prüfkapazitäten sowie Beratungsangebote für Hersteller- und Anwender anbieten will. Vor allem weil Erfahrung in der neutralen Bewertung von Elektrolyseuren fehlten und anerkannte Testverfahren zur Alterung, wie Prof. Dr. K. Andreas Friedrich, Abteilungsleiter Elektrochemische Energietechnik am DLR erklärt. Ansätze wie diese zeigen: Für die Entwickler gibt bei der PEM-Elektrolye noch allerhand zu tun.

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