Chemikanten-Ausbildung Arbeitswelt 4.0 für Chemikanten: Digitale Technologien sorgen für Wandel im Berufsbild

Redakteur: MA Alexander Stark

Wie können sich Betriebe und Auszubildende angemessen auf die digitale Arbeitswelt vorbereiten? Eine erste Antwort darauf geben die Chemie-Sozialpartner mit ihrer Wahlqualifikation (WQ) „Digitalisierung und vernetzte Produktion“ im Ausbildungsberuf „Chemikant/in“, die im August 2018 in Kraft getreten ist.

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In einer wachsenden Zahl von Chemie-Unternehmen gewinnt die Digitalisierung und Vernetzung von Wertschöpfungsketten an Bedeutung.
In einer wachsenden Zahl von Chemie-Unternehmen gewinnt die Digitalisierung und Vernetzung von Wertschöpfungsketten an Bedeutung.
(Bild: gemeinfrei / Pixabay )

Wiesbaden – In einer wachsenden Zahl von Chemie-Unternehmen gewinnt die Digitalisierung und Vernetzung von Wertschöpfungsketten an Bedeutung. Hiervon ist auch die Produktion betroffen. Die Verbindung von IT-Systemen und Produktionsanlagen über Standortgrenzen hinweg, der Einsatz mobiler Endgeräte, maßgeschneiderter Apps, die Nutzung umfangreicher Datenanalysen und Simulationen, aber auch der Einsatz künstlicher Intelligenz – all das schafft neue Möglichkeiten der Automatisierung und Prozessoptimierung. Dies führt in Konsequenz zu veränderten Qualifikationsanforderungen für Chemikanten, dem zahlenmäßig stärksten Facharbeiterberuf der Branche.

Auch in der Chemie-Produktion 4.0 sind Chemikanten gefragt. Der digitale Wandel schreitet allerdings je nach Betrieb in Dynamik und Umfang sehr unterschiedlich voran. Der Grund: Digitalisierung ist kein Selbstzweck, sondern muss sich betriebswirtschaftlich rechnen und unter den Rahmenbedingungen vor Ort sinnvoll sein. Für Chemikanten heißt das: Sie benötigen zunehmend digitales Knowhow sowie eine ausgeprägte Selbstlernkompetenz, um sich flexibel auf den jeweiligen Betrieb einstellen zu können. Um besser zu verstehen, wie sich die digitale Arbeitswelt für Chemikanten auf absehbare Zeit gestalten könnte, nachfolgend drei ausgewählte Beispiele in Form branchenrelevanter Handlungsfelder, die bereits heute von Chemie-Unternehmen bearbeitet werden.

Event-Tipp der Redaktion Erleben Sie auf dem 3. Smart Process Manufacturing Kongress (SPM) am 24. und 25. September in Würzburg zukunftsweisende Impulse sowie lösungsorientierte Best Practices zum Thema Digitalisierung in der Prozessindustrie. Von Digitalem Engineering, über Data Analytics und Predictive Maintenance, Virtual und Augmented Reality bis hin zum Einsatz von Künstlicher Intelligenz und Blockchain in der Chemie oder Pharmaindustrie - auf diesem Kongress tauscht sich die Community der Prozessindustrie aus. Hier erhalten Sie Orientierung, Ideen und Lösungsvorschläge.

Handlungsfeld „Anlagenplanung und -erweiterung“

Die Planung komplexer Chemie-Anlagen bzw. von Erweiterungen und Umbauten wird von Ingenieuren durchgeführt. Die Konstruktion der Anlagen, verfahrenstechnische Abläufe sowie vor- und nachgelagerte Prozesse können mittels Virtual Reality (VR) simuliert und interaktiv erlebbar gemacht werden. In gemischten Teams bringen erfahrene Chemikanten hier ihr Knowhow aus dem Betriebsalltag ein. Mittels VR beschäftigen sie sich frühzeitig mit Fragen des Anlagenhandlings sowie der nutzerfreundlichen Anordnung von Bauteilen und der Bedienung von Apparaten. Ziel ist es, gemeinsam mit den Ingenieuren das Design optimal zu gestalten, um eine maximale Anlagenverfügbarkeit sicherzustellen. Bereits vor Fertigstellung der Anlage erfolgt die Gestaltung von Lernunterlagen/-aufträgen und Betriebsanweisungen für Chemikanten. Mithilfe von VR und digitalen Lern-Apps können sie bereits vor Inbetriebnahme der Anlage die notwendigen Kompetenzen zu deren Funktion und Bedienung aufbauen.

Handlungsfeld „Inbetriebnahme & Anlagenüberwachung“

Das An- und Abfahren, Betreiben und Überwachen einzelner oder vernetzter chemischer Anlagen basiert auf verfügbaren Echtzeit-Daten im Prozessleitsystem. Durch sein Prozessverständnis erkennt und identifiziert der Chemikant relevante Störungen an einzelnen Sensoren, Bauelementen oder IT- / Prozessleitsystemen, aber auch in der gesamten vernetzten Produktion und kann entsprechend reagieren. Um einen wirtschaftlichen und störungsfreien Betrieb zu gewährleisten, bedient sich der Chemikant geeigneter Monitoring-Systeme, statistischer Modelle und Big-Data-Analysen. Er nutzt die Auswertungsergebnisse, um den Produktionsprozess aktiv zu steuern bzw. zu optimieren.

Der Chemikant beherrscht analoge und digitale Diagnoseverfahren und kann zugehörige Informationen interpretieren. Daneben spielen auch Sinneswahrnehmungen direkt in der Anlage eine wichtige Rolle. Diese nimmt der Chemikant auf, interpretiert sie und ergreift notwendige Maßnahmen. Ergänzend zum Prozessleitsystem prüft und überwacht der Chemikant die chemischen Anlagen auch vor Ort. Hierzu nutzt er digitale Technologien (z.B. VR, Augmented Reality, QR- oder Barcodes) und Hilfsmittel (z. B. Smartphone, Apps).

Handlungsfeld „Anlagenmanagement & Instandhaltung“

Zur Ermittlung des Instandhaltungsbedarfes erfasst der Chemikant relevante Echtzeitinformationen zum Zustand der Anlagenteile. Bei komplexen Wartungstätigkeiten beauftragt er unmittelbar vor Ort die zuständigen Experten der Instandhaltung. Hierzu nutzt der Chemikant mobile Kommunikationsmittel (z.B. Smartphone, Messenger-Dienste) mit denen er alle Arbeiten und Beauftragungen digital dokumentiert. Zu den Aufgaben des Chemikanten gehört auch die präventive Instandhaltung. Sie wird durch die Erfassung, Aufbereitung und Visualisierung von Betriebs- und Produktionsdaten vorbereitet. Der Chemikant interpretiert die Daten und leitet vorausschauend notwendige Maßnahmen zum Erhalt der Anlagenverfügbarkeit ein.

Wahlqualifikation „Digitalisierung & vernetzte Produktion“

Diese Handlungsfelder verdeutlichen beispielhaft die Anforderungen an Chemikanten in der Produktion 4.0. Um diesen Rechnung zu tragen, wurde die Ausbildungsordnung um die WQ „Digitalisierung und vernetzte Produktion“ ergänzt. Ausbildungsbetriebe können abhängig von ihrem Bedarf flexibel entscheiden, ob sie die neue WQ nutzen wollen. Die Mindestanforderungen für kleine und mittlere Betriebe werden nicht erhöht – gleichzeitig können innovative Ausbildungsunternehmen als „digitale Pioniere“ vorangehen.

Event-Tipp der Redaktion Erleben Sie auf dem 3. Smart Process Manufacturing Kongress (SPM) am 24. und 25. September in Würzburg zukunftsweisende Impulse sowie lösungsorientierte Best Practices zum Thema Digitalisierung in der Prozessindustrie. Von Digitalem Engineering, über Data Analytics und Predictive Maintenance, Virtual und Augmented Reality bis hin zum Einsatz von Künstlicher Intelligenz und Blockchain in der Chemie oder Pharmaindustrie - auf diesem Kongress tauscht sich die Community der Prozessindustrie aus. Hier erhalten Sie Orientierung, Ideen und Lösungsvorschläge.

Den Rahmen hierfür bildet eine moderne, technologieoffen gestaltete Ausbildungsordnung des Chemikanten, welche unverändert bleibt. Sie bietet ausreichend Spielräume für alle Betriebe, um digitale Kompetenzen in Grundzügen zu vermitteln. Entscheidend ist, dass die Formulierungen der Verordnung im Zeitgeist interpretiert und in der Ausbildungspraxis gelebt werden.

Um die Unternehmen dabei zu unterstützen und inhaltliche Anregungen für die Umsetzung der neuen WQ zu geben, stellen die Chemie-Arbeitgeberverbände im Unternehmensbereich der Ausbildungskampagne „Elementare Vielfalt (Elvi)“ Informationsmaterial und Praxisbeispiele bereit.

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