Abwasserreinigung mit dem Schwebebettreaktor Anspruchsvoll wie Food, rau wie die Chemie: So werden Nahrungsergänzungsmittel zur Abwasser-Challenge
Pharma, Food, Chemie und Industrie: Abwässer gibt es überall - und die jeweilige Verschmutzung stellt Anlagenbauer immer wieder vor Herausforderungen. Wenn aber - wie bei der Produktion von Nahrungsergänzungsmitteln und Vitaminen - anspruchsvolle Abwässer und raue Bedingungen wie in der Chemieindustrie auf genauestens geregelte Prozesse und Reinheit wie in der Pharmabranche trifft, schlägt endgültig die Stunde der Spezialisten.
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Gerade im Winter haben Nahrungsergänzungsmittel wie Vitamin E Hochkonjunktur. Das Antioxidans soll die Körperzellen stabilisieren und Schäden an der Zellmenbran abwehren sowie das Immunsystem stärken. Die größte Produktionsanlage für diesen Alleskönner steht im Schweizer Kanton Aargau: Hier betreibt der Chemiekonzern DSM Nutritional Products nicht nur die weltgrößte Vitamin-E-Fertigung, sondern stellt auch Pharmazeutika, Stoffe für die kosmetische Industrie, Nahrungsergänzungsmittel und Zusatzstoffe wie Vitamine, Carotinoide und Folsäure her. Um mit dem Marktwachstum Schritt zu halten "wuchs" die Anlage über die Jahre. Doch was die Manager freut, sorgt bei der Leitung der Abwasserreinigung am Standort für Kopfzerbrechen.
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Nachweis in Kläranlagen
Abwasserproben zeigen rasante Verbreitung von Omikron
„Steigende Produktionskapazitäten hatten die bestehende Abwasserreinigungsanlage an die Grenzen der Belastbarkeit gebracht. Wir mussten entsprechend erweitern“, erklärt Martin Brokatzky, Head Improve Plant Departement bei DSM Nutritional Products. Doch dafür brauchte es ausgewiesene Abwasser-Expertise.
Als Partner in diesem Projekt kam die DAS Environmental Expert aus Dresden ins Boot, war doch die Aufgabe ganz besonders knifflig: „Die Anforderungen an die Abwasserreinigung sind in diesem Projekt eine Herausforderung“, berichtet Karl Rüdiger, verantwortlicher Projektleiter bei DAS. „Die Abwassereigenschaften entsprechen jenen der chemischen Industrie – die einzuhaltenden Vorschriften ähneln jedoch den Vorgaben für die Getränke- und Lebensmittelindustrie. Diese strengen Grenzwerte müssen auch nach der Produktionserweiterung zuverlässig eingehalten werden.“
So wurde aus dem Erstkontakt rasch ein großes Projekt – Letztendlich beauftragte DSM die DAS Environmental Expert mit der Analyse, Planung, Herstellung, Lieferung, Errichtung, Montage und Inbetriebnahme der zusätzlichen Abwasserreinigungsanlage. Vorgesehen war zunächst eine temporäre Ergänzung der bestehenden Kläranlage. Denn: Die Produktionserweiterung am Standort Sisseln ging mit einer Erhöhung der hydraulischen Last einher.
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Erwartet wurde ein Abwasservolumen von 2.250 m³ pro Tag, verbunden mit 2.800 kg TOC (Total Organic Carbon – gesamter organisch gebundener Kohlenstoff) pro Tag sowie einer Salzkonzentration von zehn g/l. Bekannt war zudem, dass die Abwässer Lösemittel enthalten können. Ziel war es, die Belastung durch geeignete Maßnahmen auf ca. 1.000 kg TOC pro Tag zu verringern.
Die Anforderungen an die Abwasserreinigung sind in diesem Projekt eine Herausforderung: Die Abwassereigenschaften entsprechen jenen der chemischen Industrie – die einzuhaltenden Vorschriften ähneln jedoch den Vorgaben für die Getränke- und Lebensmittelindustrie.
Zweistufige Schwebebett-Reaktortechnik für flexible Abwasserbehandlung
Gemeinsam mit dem Kunden entschieden sich die Umwelttechnologieexperten daher für eine zweistufige MBBR-Anlage (Moving Bed Biofilm Reactor – Schwebebett-Reaktor), um die Abwasseraufbereitung rasch an die geplante Produktionssteigerung anzupassen. Dabei wird in zwei in Reihe geschalteten Schwebebettreaktoren der TOC mit Hilfe von Mikroorganismen abgebaut, die auf einem speziellen Trägermaterial im Reaktor wachsen. Da es sich um eine aerobe Verfahrenstechnik handelt, ist dazu Sauerstoff erforderlich, der von unten eingeblasen wird. Die Treibstrahldüsen halten außerdem das Wasser im Reaktor in Bewegung und sorgen so für den stetigen Kontakt der belasteten Flüssigkeit mit der Biomasse. Überschüssiger Schlamm wird mit dem gereinigten Wasser aus dem Reaktor abgezogen und anschließend in einer Flotation abgetrennt.
Diese Lösung zur Abwasserreinigung kann dank der hohen Pufferkapazität der Behälter flexibel auf stark schwankende Abwassermengen und -Belastungen reagieren. Wie vom Kunden gewünscht, erfolgte die Ausführung als temporäre Anlage, die im Anschluss nach der Benutzung wieder zurückgebaut werden kann.
Dazu wurden die MBBR-Behälter mit geschraubten und gedichteten Platten realisiert. Die erforderlichen Gebläse sowie Dosiertechnik und Schaltanlage wurden in Containern montiert und aufgestellt. Komplettiert wurde die biologische Abwasserreinigung auf Kundenwunsch durch Anlagen zur Entwässerung und Abfüllung des Schlammes, eine Anlage zur Abluftreinigung und einen großen Treppenturm.
Wasseraufbereitung in Corona-Zeiten ausbauen? Kein Problem!
Nach dem Projektbeginn im September 2019 ging bereits im Juli 2020 der erste Teil der Anlage in Betrieb. Es folgten weitere Inbetriebnahmen im Bereich der Flotation und der Schlammpresse sowie die finale Leistungsfahrt. Nach einer Projektdauer von nur 14 Monaten erfolgte die Übergabe der neuen Anlage zur Erweiterung des Abwasserbehandlungssystems an DSM Anfang November 2020.
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Trotz widriger Wetterbedingungen sowie erheblicher Beeinträchtigungen durch die Corona-Pandemie, inklusive eines daraus resultierenden Baustopps aufgrund staatlicher Verordnungen, konnten die Arbeitsabläufe auf der Baustelle angepasst und die Anlage termingerecht fertiggestellt werden. „Es ist unsere Stärke, dass wir uns auch auf einen unkonventionellen Projektablauf sehr gut einstellen und jederzeit flexibel auf Kundenwünsche eingehen können. Die Herausforderungen durch Corona haben wir durch mehr Aufmerksamkeit beim Baustellenmanagement abgefangen. Auch die exzellente Zusammenarbeit mit dem Kunden war wichtig für den Projekterfolg”, ergänzt Rüdiger.
Heute wird die Anlage unter Produktionsbedingungen in der Lebensmittelindustrie genutzt: Per Online-Fernwartung wird auch zukünftig ein effizienter und kostensparender Service gewährleistet. Und: „Wenn die Produktion weiter wächst, könnten wir dank des geringen Platzbedarfs unserer Anlage einfach auf dem zur Verfügung stehenden Gelände nachrüsten“, so der DAS-Projektleiter. Vitamine aus dem Aargau schonen so nicht nur das Immunsystem, sondern auch die Abwasserbehandlung vor Ort.
![Abb. 1: Übersicht: Anthropogene Polymere in der Umwelt [6] (Wasser 3.0) Abb. 1: Übersicht: Anthropogene Polymere in der Umwelt [6] (Wasser 3.0)](https://cdn1.vogel.de/uEbSlbE2u-FzhZLJMFhidEphmcQ=/320x180/smart/filters:format(jpg):quality(80)/images.vogel.de/vogelonline/bdb/1872900/1872990/original.jpg)
Neue Strategie
Mikroplastik vollumfänglich und ganzheitlich aus Wasser entfernen
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