Keine Deponie wie jede andere Altlasten: Streit um Ex-Müllhalde von BASF geht weiter

Von Christian Böhmer, dpa Lesedauer: 3 min

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Im äußersten Süden Baden-Württembergs gibt es seit langem eine Kontroverse um eine frühere Müllkippe. Bald wird wieder vor Gericht verhandelt. Der Bürgermeister hat sich bereits klar positioniert.

Grenzach ist das BASF-Kompetenzzentrum für die Entwicklung und Produktion von UV-Filtern für Sonnenschutzprodukte und Kosmetika.
Grenzach ist das BASF-Kompetenzzentrum für die Entwicklung und Produktion von UV-Filtern für Sonnenschutzprodukte und Kosmetika.
(Bild: BASF)

Eine Grünfläche, eine Kläranlage und einige Industriegebäude: Am Rheinufer in Grenzach-Wyhlen sieht es eher unspektakulär aus. Doch das Areal am Standort des Chemiekonzerns BASF sorgt für Streit und weckt Emotionen. Früher gab es dort eine große Deponie – es wurden Bauschutt, Hausmüll und Abfälle der Chemie- und Pharmaindustrie abgelagert.

In der Region ist von der „Kesslergrube“ die Rede. BASF ist für einen vergleichsweise großen Teil mit einer Fläche von etwa viereinhalb Fußballfeldern verantwortlich. Die Ex-Deponie im Kreis Lörrach gilt als ein bundesweit besonders großes und schwieriges Altlastenprojekt.

Auf dem Nachbargrundstück steht eine große Halle. Der Pharmariese Roche sanierte seinen Teil der Kesslergrube seit 2015 aufwendig – und überdachte dafür sein Gelände. Die Schweizer investierten knapp 240 Millionen Euro und erklärten die Fläche im Oktober kurz und bündig für „chemiefrei“. 360 000 Tonnen belastetes Erdreich wurden abtransportiert und später verbrannt – größtenteils in den Niederlanden, aber auch in Deutschland und Belgien.

Grenzach ist das BASF-Kompetenzzentrum für die Entwicklung und Produktion von UV-Filtern für Sonnenschutzprodukte und Kosmetika.
Grenzach ist das BASF-Kompetenzzentrum für die Entwicklung und Produktion von UV-Filtern für Sonnenschutzprodukte und Kosmetika.
(Bild: BASF)

BASF will einen anderen Weg gehen. Die Ludwigshafener führen den Standort seit der Übernahme des Schweizer Chemieunternehmens Ciba im Jahr 2009. Der Deponieanteil soll mit dicken Mauern eingefasst werden, die über 30 Meter tief in die Erde hineinreichen. Der Abfall bleibt also an Ort und Stelle. Schadstoffe sollen mit diesem Verfahren aber nicht nach außen dringen. „Einkapselung“ – so heißt das etwas abstrakt im Fachjargon.

Diese Sanierungsvariante ist jedoch seit Jahren umstritten. Das Problem werde auf künftige Generationen verschoben, argumentiert die Gemeinde. „Die Kesslergrube ist keine Deponie wie jede andere“, sagte Bürgermeister Tobias Benz der Deutschen Presse-Agentur. „Sie liegt direkt am Rhein, in zentraler Lage in unserer Gemeinde und in unmittelbarer Nähe zur Wohnbebauung.“

Das Vorbild im Rathaus der Stadt mit gut 14.000 Einwohnern ist der Schweizer Nachbar: „Auf dem von Roche sanierten Bereich ist eine wertschöpfende Nachnutzung möglich“ – davon ist Benz überzeugt. „Aus Sicht der Gemeinde ist es fraglich, ob auf einer eingekapselten Altlast jemand investiert“, fügte er hinzu. Der CDU-Politiker befürchtet eine dauerhafte Brache in der Kommune. Die Gemeinde ging juristisch gegen das Projekt vor und legte im Rechtsstreit Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht ein.

Auch der Umweltverband Bund ist vor Gerichten aktiv. Er fordert, die Schadstoffe komplett aus der einstigen Müllkippe zu entfernen. Nächste Etappe ist die Verhandlung in einem Revisionsverfahren vor dem Leipziger Bundesverwaltungsgericht an diesem Donnerstag. Nach Ansicht der baden-württembergischen Bund-Vorsitzenden Sylvia Pilarsky-Grosch könnte nun höchstrichterlich geklärt werden, wie weit die Klagerechte von Umweltverbänden bei der Sanierung von Altlasten reichen. Auch steige die Chance, in Grenzach-Wyhlen eine „echte und nachhaltige Sanierung der Kesslergrube“ zu erreichen, lautet ihre Einschätzung.

Unterdessen rollen auf dem Betriebsgelände von BASF die ersten Baumaschinen, um die Sanierung der früheren Deponie vorzubereiten. Es entsteht eine asphaltierte Fläche, um später Maschinen und Bürocontainer abzustellen. Die eigentlichen Sanierungsarbeiten sollen dann im Sommer beginnen, wie der für das Altlastenmanagement des Unternehmens verantwortliche Uwe Gauglitz der dpa sagte. Es werde mit einer Bauzeit von zwei bis drei Jahren und Kosten von rund 70 Millionen Euro gerechnet.

Das Gerichtsverfahren in Leipzig wird auch von dem Chemieunternehmen genau beobachtet: „Wir sind davon überzeugt, dass die Einkapselung die richtige Lösung ist“, sagte Manager Gauglitz. „Wir sehen keinen Angriffspunkt“, pflichtete Standortleiter und Geschäftsführer George Basrawi bei. Beklagt sei auch nicht das Unternehmen, sondern das Land Baden-Württemberg, ergänzte er. Bürgermeister Benz kündigte bereits an, für die Gerichtsverhandlung in die sächsische Metropole zu reisen.

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