Logistik 8-Punkte-Plan gegen Niedrigwasser im Rhein
Für die chemische Industrie ist der Rhein die wichtigste Binnenwasserstraße. Gemeinsam mit dem Bundesverkehrsministerium und etlichen anderen Verbänden hat der VCI einen 8-Punkte-Plan erarbeitet, der künftig zuverlässig kalkulierbare Transportbedingungen am Rhein sicherstellen soll.
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Der Sommer und der Herbst 2018 wird den verantwortlichen Logistikern in der Chemie noch lange in Erinnerung bleiben: Monatelange Trockenheit ließ die Wasserstände des Rheins und der anderen großen Flüsse immer tiefer sinken. Frachtschiffe konnten nur noch zu zwei Dritteln oder weniger beladen werden. Vor allem Fabriken, die über den Rhein mit Rohstoffen versorgt werden, mussten ihre Produktion drosseln und kämpften mit Millioneneinbußen.
In den Logistik-Abteilungen der Konzerne wird angesichts der Prognose, dass solche Verhältnisse wohl kein Ausnahmeereignis waren, an Konzepten gearbeitet, wie derartige Extremlagen besser bewältigt werden können. Konkrete Vorschläge gehen in Richtung höherer Lagerkapazitäten (Thyssenkrupp, BASF), BP will verstärkt neue neue Pipelines nutzen, viele Unternehmen denken an eine stärkere Verlagerung auf die Bahn (was natürliche Grenzen hat – um die Ladung eines großen Rheinschiffs mit einer Länge von 110 m und 3000 t aufnehmen zu können, sind 150 Lastwagen erforderlich). Auch die verstärkte Nutzung von Flachbodenschiffen, kombiniert mit leistungsfähigeren Pumpen zum schnelleren Be- und Entladen der Tankschiffe ist konkret geplant (Covestro).
Die BASF entwickelt ein Frühwarnsystem für Niedrigwasser mit einer angestrebten Vorwarnzeit von vier Wochen. Zur Verbesserung der Pegelvorhersagen arbeitet das Unternehmen mit den Experten der Bundesanstalt für Gewässerkunde zusammen. Die Erwartung ist, durch die Vernetzung von Daten aus verschiedenen Quellen künftig genauere Langzeitprognosen für Wetter, Wasserstände und Lieferketten erstellen können. Das tut Not: Rund 40 Prozent der ein- und ausgehenden Transporte im Werk Ludwigshafen werden per Binnenschiff abgewickelt. Weil in der zweiten Hälfte 2018 kaum noch Schiffe fahren konnten, musste die Produktion stark gedrosselt werden – hohe Umsatz- und Gewinneinbußen waren die Folge.
Auch die Politik ist aktiv geworden: Der Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur hat mit Vertretern der Stahl-, Chemie- und Mineralölindustrie, den Produzenten mineralischer Massenrohstoffe und des Binnenschifffahrtsgewerbes einen „8-Punkte-Plan“ erarbeitet. Das Ziel ist, zuverlässig kalkulierbare Transportbedingungen am Rhein bei extremem Niedrigwasser sicherzustellen.
Geplant sind hier kurz-, mittel- und langfristige Maßnahmen in verschiedenen Bereichen. So sollen beispielsweise auch die Wasserstandsvorhersage verbessert und neue Transportkonzepte mit Schiffstypen entwickelt werden, die für Niedrigwasser geeignet sind.
Zusätzliche positive Effekte können durch eine stärkere Automatisierung und Digitalisierung erreicht werden. Der digitale Wandel bietet viele Möglichkeiten, die es zu nutzen gilt – vom papierlosen Transportdokument bis zu der Nutzung digitaler Daten in der gesamten logistischen Transportkette.
Christian Rodde, Logistikleiter bei Ineos in Köln, resümierte auf dem 12. Chemcologne Chemieforum am 6. September 2019 in Leverkusen: „Von der Industrie würde ich mir wünschen, dass man gemeinsam Probleme anfasst, die Dinge auch im Kleinen angeht und so Dinge bewegen kann. Für den Bund würde ich mir das im Großen wünschen, also übergeordnet, denn Infrastruktur ist definitiv eine Kernaufgabe des Bundes.“
Laut VCI ist damit ein guter Anfang gemacht, um bei langen und ungewöhnlich niedrigen Wasserständen des Rheins Transportausfälle zu verkürzen. Jetzt käme es vor allem darauf an, diese Maßnahmen zügig umzusetzen. Denn die Situation des Jahres 2018 war für viele Unternehmen kritisch. Die großen Mengen, die im Warenein- und -ausgang auf dem Binnenschiff befördert werden, lassen sich nicht ohne Weiteres auf Lkw oder Eisenbahn verlagern.
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